Jeder verdient Liebe und geliebt zu sein, aber nicht jeder kann Liebe akzeptieren und sie geben. Das klingt vielleicht dumm oder kindisch, aber glaub mir, das ist es nicht. Ich bin zu dieser Schlussfolge auf die schwierige Art gekommen und warne dich deswegen.
Hätte mir jemand das, was ich jetzt beschlossen habe, früher erzählt, würde ich ihn wahrscheinlich nicht glauben und trotzdem das Gleiche machen.
Als wir uns kennengelernt haben, habe ich ihn ihm all die Zärtlichkeit dieser Welt gesehen, aber mich trotzdem geschützt in seiner Anwesenheit gefühlt.
Er war der Mann, den ich gesucht habe: ehrlich und entschlossen, aber trotzdem verständnisvoll und fürsorglich.
Mit ihm könnte ich die Frau, die ich immer sein wollte, sein: eine zarte Frau, die ihre weibliche Seite zeigen kann, die Gefühle nicht verstecken muss oder die ihm kein Rivale ist.
Aber ich musste mich auch nicht kleiner machen seinetwegen. Er war genügend selbstbewusst, um mich als ihm gleichwertig anzusehen und ließ mich sein, wie ich bin.
Ich, eine starke Frau und er, ein noch stärkerer Mann – eine perfekte Beziehung.
Jeder, der uns kannte, war von unserer Beziehung begeistert und alle haben uns als einen perfekten Paar mit einer Traumbeziehung gesehen. Nur eine Person hat hier keine Liebe gesehen und das war ich nicht, das war er.
Während alle anderen und dabei meine ich auch mich selbst, an dieser Illusion geglaubt haben und die Lüge abgekauft haben, wüsste er, was er tut und man kann sagen, dass er auch eine Strategie hatte.
Ich wusste tatsächlich, dass er gebrochen war und dass sein Schicksal überhaupt nicht gut zu ihm war. Ich wusste das alles und dachte mir, wie unfair das Leben ist und wieso einige Menschen leiden müssen, auch wenn sie nichts Schlimmes getan haben.
Er müsste für die Fehler seiner Eltern büßen, dann müsste er sich all den Folgen danach stellen und zudem noch seine eigenen Probleme lösen, die er wahrscheinlich nicht haben würde, gäbe es nicht etwas, was vererbtes Trauma genannt ist.
Es scheint so aus, als ob ein Mensch die Last der ganzen Welt auf seinen Schülern trägt. Er war nicht immer dieser starker Mann, er war auch einmal ein Kind.
Eigentlich war er nur klein und jung, ein Kind im Sinne eines sorgenlosen Wesens war er nie. Diesen Luxus könnte er sich nicht leisten und keiner könnte es ihm anbieten.
Genauso wie jede starke Frau einmal ein schwaches Mädchen war, so waren auch starke Männer einmal schwache Jungs, die sich dieser abscheulichen Welt stellen müssten, um ihr Platz unter diesem Himmel zu finden. Solche Menschen finden ihr Platz nicht, sie schaffen sich es. Mann könnte sagen, dass es auch keinen Platz für sie gibt.
Aber für ihn gab es Platz in meinem Herzen, in meinem Leben und in meiner Welt. Ich wüsste auch davor, dass ich ein Empath war, aber was ich mit ihm gefühlt habe und wie viel Mitgefühl hatte ich, dass kann ich mit Worten nicht beschreiben.
Ein Blick reichte, um zu verstehen, was sich in seinem Kopf abspielt, eine Berührung und ich wusste, wie er sich fühlt. Wir dachten einfach an die gleichen Sachen und aus der gleichen Perspektive und auch unsere Träume haben sich ergänzt.
Alles deutete darauf, dass er mein Seelenverwandter war und so habe ich mich auch gefühlt und mich mit offenen Herzen ihm hingegeben.
Doch eine Kleinigkeit ist mir nicht aufgefallen. Etwas fehlte in dieser Geschichte schon von Anfang an und das war sein Einsatz.
Am Anfang unserer Beziehung habe ich es überhaupt nicht bemerkt, danach habe ich auf diese Sache keinen großen Wert gelegt, weil ich blind vor Liebe war.
Ich wollte ihm zeigen, dass er Liebe wert ist und dass ich ihn liebe, und zwar so wie er es verdient hat. Er hatte nie jemanden, der ihm zuhören würde, oder eine Person, die ihn uns seine tiefsten Ängste verstehen kann, jemanden, mit wem er alles teilen kann und der sich rücksichtsvoll benehmen wird – bis er mich kennengelernt hat. Das alles und viel mehr hat er in mir gefunden, auch ohne danach zu fragen.
Für mich war es ganz normal, seine größte Unterstützung zu sein, und ich habe es auch genossen. Ich war froh, weil ich ihr fröhlich gemacht habe.
Mir war es sehr wichtig, dass er sich geliebt fühlt und dass er weiß, dass er Liebe würdig ist.
Doch ich habe nicht bemerkt, dass ihm das klar geworden ist und dass seine Wunden längst geheilt sind. Dann habe ich kapiert, dass er nicht wegen unserer Beziehung so glücklich ist und dass ich nicht die einzige in seinem Leben bin.
Das ist der Augenblick, in welchen sich mein Leben geändert hat. Er ist auf einmal nicht mehr der tapfere Schützer mit einem guten Herz und unsere Beziehung ist keine Traumbeziehung. Die Illusion ist gebrochen und so auch mein Herz und mein Leben.
Ich sah jetzt alles, wie es in der Wirklichkeit ist: Er ist ein geschickter Manipulator, der seine traurige Geschichte mir gut verkauft hat, unsere Beziehung ist eigentlich eine Beziehungshölle und ich bin eine gute, aber sehr dumme Frau.
So sieht es in der Wirklichkeit aus und so war es die ganze Zeit. Das wüssten alle, aber keiner hat es mir gesagt. Seine Freunde, und meine auch, waren seine Partner im Crime, und haben mitgespielt. Natürlich verteidigen sich viele mit dem Klischee, dass keiner mich verletzten wollte oder mit ähnlichem Kram.
Ich kann mich immer noch erinnern, wie glücklich war ich und wie viel hat er mir bedeutet. Ich habe ihn immer noch geliebt, als wir uns getrennt haben und meine Wunden werden nie richtig heilen.
Er hat nicht nur meine Ansicht der Liebe zerstört, sondern auch die der Freundschaft beschädigt. Jetzt stelle ich alles und jeden unter die Lupe und merke nur die roten Flaggen. Er hat mich für jede nächste Beziehung ruiniert.
Ja, tatsächlich sind einige Menschen nicht fähig, wahre Liebe wahrzunehmen und sie zu akzeptieren. Deswegen wundert es mich nicht mehr, wieso sich viele Frauen in keine Beziehung einlassen möchten, oder ihre Gefühle nie offen zeigen. Schade, dass ich nicht davor so darüber nachgedacht habe.